Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Freisprüche für zwei ehemalige Volkswagen-Konzernvorstände und zwei weitere frühere VW-Personalmanager aufgehoben. In dem Verfahren geht es um mögliche Untreue im Zusammenhang mit der Entlohnung von führenden Betriebsräten, darunter der langjährige Vorsitzende des Gesamt- und Konzernbetriebsrats, Bernd Osterloh.Das Urteil des Landgerichts Braunschweig genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen, hat der 6. Senat des BGH am Dienstag in Leipzig entschieden. Die Richter in Braunschweig müssen nun ein zweites Mal in der Sache ein Urteil fällen: Der Fall wurde zur erneuten Verhandlung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.Auslöser des Verfahrens sind die Gehälter, die mehrere leitende Betriebsräte von Volkswagen zwischen 2011 und 2016 erhalten hatten. Topverdiener in dieser Zeit war Osterloh. In seinem besten Jahr kassierte er nach eigener Aussage zusammen mit Bonuszahlungen sogar rund 750.000 Euro.
Die beiden ehemaligen VW-Personalvorstände Horst Neumann und Karlheinz Blessing waren im Herbst 2021 zunächst vom Braunschweiger Landgericht vom Vorwurf der Untreue freigesprochen worden. Die zuständige Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte daraufhin beim BGH Revision beantragt.
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Das Landgericht sah keinen Vorsatz
Das Landgericht monierte zwar, dass die Gehälter der Betriebsräte zu hoch gewesen seien. Die Angeklagten seien jedoch irrtümlich davon ausgegangen, mit ihren Entscheidungen zu den Betriebsratsgehältern keine Pflichten zu verletzen, hieß es in der ersten Entscheidung der Braunschweiger Richter. „Bei keinem der Angeklagten ist der Vorsatz der Untreue festzustellen“, begründete der Vorsitzende Richter Bohle Behrendt damals die Freisprüche.
Bei Untreuestraftaten gehe es häufig um eine persönliche Bereicherung. Sie könne den vier VW-Personalverantwortlichen nicht vorgehalten werden. Fahrlässigkeit sei ebenfalls kein Grund für eine Verurteilung. „Fahrlässige Untreue ist nicht strafbar“, sagte Behrendt bei der Urteilsverkündung im September 2021.
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Deutschlands oberstes Strafgericht äußerte nun erhebliche Zweifel an der Argumentation der Braunschweiger Richter. Der BGH stufte die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Vorsatz der Angeklagten als lückenhaft ein. Es bestehe durchaus die Möglichkeit, dass die Angeklagten vorsätzlich gehandelt hätten.
„Die vom Landgericht hierzu getroffenen Urteilsfeststellungen genügen nicht den gesetzlichen Darstellungsanforderungen“, hieß es in der Erklärung des BGH. Der 6. Senat habe auf Basis des Braunschweiger Urteils nicht nachvollziehen können, ob die Bewilligung der Entgelte und Bonuszahlungen an die VW-Betriebsräte den betriebsverfassungsrechtlichen Grundsätzen widerspreche. Es sei unklar, ob das Landgericht auf zutreffender Grundlage geurteilt habe, dass die Angeklagten nicht vorsätzlich gehandelt haben.
Unter welchen Umständen steigen VW-Mitarbeiter auf?
„Wir vermissen im Urteil die Antwort auf die Frage, an welchen Maßstäben sich die Bewilligungsentscheidungen ausgerichtet haben“, sagte der Vorsitzende Richter Günther Sander. Es fehlten demnach etwa Feststellungen dazu, wann für VW-Mitarbeiter ein Aufstieg vorgesehen war, welche Regeln für die Aufnahme in bestimmte Managementebenen galten oder welche Maßstäbe zugrunde gelegt wurden, um Boni zu gewähren. Die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Vorsatz der Angeklagten sei auch deshalb lückenhaft, weil die hohen Bonuszahlungen außer Betracht geblieben seien.
Volkswagen kündigte an, die BGH-Entscheidung zu prüfen. Soweit darin Feststellungen zum rechtmäßigen Maßstab von Betriebsratsvergütungen enthalten seien, werde sich das Unternehmen daran orientieren und diese berücksichtigen, sagte eine Sprecherin des Unternehmens.
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Hanns Feigen, defender of former VW HR director Karlheinz Blessing, criticized the decision. “The Federal Court of Justice is thus counteracting the highest court decisions on labor law. According to the Federal Labor Court, it is just permissible to remunerate experienced works council members as well as higher-ranked managers,” Feigen told the Handelsblatt.
What are group works councils allowed to earn?
The judgment caused a lack of understanding in circles of the group and its environment. “I’m speechless,” said a lawyer involved. The decision potentially fuels the death of co-determination in large corporations. It prevents any form of career in the works council. For some time there have been calls for a new legal regulation to give companies more planning security.
The accused VW personnel managers had defended the high payments to the works councils in the first Braunschweig proceedings as lawful. The employee representatives, above all the long-time chairman of the works council, Osterloh, had taken on responsible positions that would have justified higher salaries in line with group management. Various independent reports have confirmed this legal opinion.
As a witness, Osterloh had argued similarly during the court hearing. During his tenure, he was repeatedly offered board positions by the Volkswagen Group. Since May 2021, the former top employee representative at Volkswagen has been Chief Human Resources Officer of the truck subsidiary Traton, where he now receives annual remuneration of around two million euros.
The public prosecutor’s office in Braunschweig did not agree with this position. Even as leading works councillors, Osterloh and his colleagues should not have been compared to VW managers. Rather, the benchmark would have to be the salaries that the employee representatives would have received as part of their last regular job before being released from work as a works council. The Braunschweig investigators had therefore come to the conclusion that the four Volkswagen HR managers had approved excessive payments of around five million euros to the detriment of the company.
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