In den vergangenen Wochen rumorte es kräftig im VW-Betriebsrat. Grund ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), das empfindliche Gehaltskürzungen mit sich bringen könnte. Das Handelsblatt berichtete.Demnach sollen die Einbußen in Einzelfällen fast die Hälfe des Gehalts ausmachen. In der Spitze liegen die Kürzungen nach Handelsblatt-Informationen bei bis zu 4000 Euro monatlich.Aber auch mittlere Einkommen dürften von dem Urteil betroffen sein. So ist dem Handelsblatt der Fall eines führenden VW-Betriebsrats bekannt, der von Entgeltstufe 17 auf Entgeltstufe 8 fallen würde. In Bruttogehältern ausgedrückt heißt das: 3800 Euro statt 6100 Euro – 2300 Euro weniger im Monat.
VW liegt die Urteilsbegründung wohl seit Wochenbeginn vor. Seither hat man sich im Konzern intensiv beratschlagt, was das 17-seitige Dokument für die Volkswagen-Betriebsräte konkret bedeutet. Das Unternehmen hat laut Informationen des Handelsblatts mit den betroffenen Arbeitnehmervertretern bereits das Gespräch gesucht. In den kommenden Tagen sollen sie schriftlich über die Kürzungen informiert werden.
BGH-Urteil kassiert Betriebsratsvergütung nach „hypothetischer Karriere“
Volkswagen kommentiert die Handelsblatt-Recherchen nicht. In einem Statement teilt der Konzern mit, dass man die Begründung des BGH-Urteils zur Kenntnis genommen habe. Weiter heißt es: „Das Unternehmen wird die darin enthaltenen Feststellungen zum Maßstab der Betriebsratsvergütung berücksichtigen.“
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Zusätzlich weist der Konzern darauf hin, dass vor den Arbeitsgerichten weitere Klageverfahren zur Betriebsratsvergütung anhängig seien. „Ob und inwieweit sich aus diesen Verfahren Neubewertungen für die Bezahlung von Betriebsräten ergeben werden, bleibt in der weiteren Entwicklung abzuwarten“, heißt es aus Wolfsburg.
Der BGH, Deutschlands höchstes Strafgericht, hatte Mitte Januar die Freisprüche für vier VW-Personalmanager in einem Untreueprozess vor dem Landgericht Braunschweig aufgehoben. In seiner schriftlichen Begründung kassierte der BGH zudem die Betriebsratsvergütung nach dem Modell der sogenannten „hypothetischen Karriere“.
Vielmehr sei ein Betriebsratsgehalt „nach der Vergütung vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung zu bemessen“. Genau dieser Passus betrifft die etwa 80 Arbeitnehmervertreter bei VW.
Aufgemotzt
750.000
Euro pro Jahr
inklusive Bonuszahlungen kassierte der ehemalige Volkswagen-Betriebsratschef Bernd Osterloh in der Spitze.
Prinzipiell können Betriebsräte in Deutschland nach zwei Modellen bezahlt werden. Das eine orientiert sich an der üblichen Entwicklung von Vergleichspersonen im Betrieb, die andere Variante ist die sogenannte hypothetische Karriere. Dabei wird vereinfacht gesagt geschätzt, welchen Werdegang ein Arbeitnehmer ohne die Betriebsratstätigkeit eingeschlagen hätte – ein beliebtes Vergütungsmodell für zahlreiche Betriebsräte in deutschen Industrieunternehmen, nicht nur bei VW.
Sechsstellige Gehälter für VW-Spitzenbetriebsräte Osterloh und Cavallo
Ein sehr prominentes Beispiel ist der ehemalige VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh, der als Bandarbeiter im Konzern anfing. Später kassierte er als Arbeitnehmerchef sechsstellige Jahresgehälter, in der Spitze inklusive Bonuszahlungen sogar rund 750.000 Euro. Inzwischen ist Osterloh Personalvorstand bei VWs Lkw-Sparte Traton.
Seine Nachfolgerin an der Betriebsratsspitze, Daniela Cavallo, wird nach dem weiter zulässigen Vergleichsmodell bezahlt. Cavallo verdient etwa 100.000 Euro im Jahr, wie sie bereits 2021 öffentlich machte.
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A spokesman for the Volkswagen works council called the decision “a scandalous verdict” that was tantamount to a “nationwide frontal attack on co-determination”. The criticism: In the case of a core labor law issue, the BGH “as a criminal court wipes aside the years of supreme judicial practice of the Federal Labor Court”. As a result, this is now permitted under labor law, which is also prohibited under criminal law.
VW works council chief Daniela Cavallo
The employee representative receives significantly less annual salary than her predecessor Bernd Osterloh.
(Photo: imago images/Susanne Hübner)
In fact, the BGH decision conflicts with earlier judgments by labor courts and ultimately also with the Works Constitution Act (BetrVG). This de facto regulates the payment of employee representatives, dates back to the 1970s and is considered outdated and vague by a number of legal commentators.
According to the law, works councils may, to put it simply, be neither favored nor disadvantaged in terms of payment compared to other employees. In its judgment, the BGH now makes it clear that company managers violate their asset management obligations if they approve works council salaries that are too high. In case of doubt, you face a conviction for infidelity. Germany’s companies and HR managers now have to move in this narrow corridor between criminal and labor law.
Volkswagen: If the salaries are too high, there is a risk of a lawsuit for breach of trust
The fact is: The BGH judgment is not a Lex Volkswagen, but should also change the remuneration of works councils in other companies. For decades, payment based on the model of a hypothetical career was the norm in a number of industrial groups. You all must act now.
To an observer who is familiar with questions of works council remuneration, the BGH’s statements sometimes appear as if he does not really know what he is talking about. Georg Annuß, labor lawyer
The trade union IG Metall warns that the verdict leads to “an enormous legal uncertainty” for those affected and calls on the legislator to “ensure legal clarity here”, as a spokeswoman explains.
The VW works council assumes that the employee representatives concerned will take legal action against the verdict. A spokesman says that 98 percent of all VW works council members are paid according to collective agreements. The average salaries were already comparable with those of the entire workforce before the BGH decision.
The well-known employment lawyer Georg Annuß also sharply criticized the written justification in a LinkedIn post. He wrote verbatim on the career network: “To an observer familiar with questions of works council remuneration, the statements of the BGH sometimes seem as if he doesn’t really know what he’s talking about.”
He estimates that the verdict could even go as far as the Joint Senate of Supreme Courts – that would be a legal rarity. The judgment could keep lawyers and employee representatives busy for quite a while.
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First publication on 02/17/23 at 16:13.