Wolfgang Hatz (Mitte) im September 2020 vor Gericht
Der frühere Chef der Aggregate-Entwicklung bei Audi könnte für eine Wende im Prozess sorgen.
(Foto: dpa)
Es ist 9.30 Uhr, als Wolfgang Hatz im Strafprozess um die Manipulationen an Dieselmotoren bei Audi die Kehrtwende vollzieht. „Ich räume die mir zur Last gelegten Vorwürfe hiermit vollumfänglich ein“, lässt der ehemalige Leiter der Audi-Motorenentwicklung seinen Strafverteidiger dem Gericht erklären. Die „prägenden Elemente der Software“ seien Hatz bekannt gewesen, sagt Anwalt Gerson Trüg.
Das gelte auch für den Umstand, dass die Manipulationen in der Audi-Motorenentwicklung den Behörden nicht mitgeteilt worden seien. „Ich habe mich nicht meiner Verantwortung gemäß verhalten“, lässt Hatz erklären, und er bedauere dies.
Hatz’ Geständnis ist eine spektakuläre Entwicklung in dem schon zweieinhalb Jahre andauernden Prozess um die Abgasmanipulation vor dem Münchener Landgericht. Es geht um die Frage, wer in der technischen Entwicklung und im Audi-Vorstand von den manipulierten Dieselmotoren gewusst hatte, die den VW-Konzern am Ende mehr als 30 Milliarden Euro Straf- und Schadenersatzzahlungen kosteten.
Bislang hatte Hatz die Vorwürfe bestritten. Auf der Anklagebank verantworten müssen sich neben Hatz auch Motorenentwickler Giovanni Pamio und Ex-Audi-Chef Rupert Stadler.
Laut Anklage sollen Hatz und Pamio Motoren so manipuliert haben, dass diese gesetzliche Abgaswerte zwar auf dem Prüfstand, aber nicht auf der Straße einhielten. Stadler wiederum soll es nach Bekanntwerden des Skandals unterlassen haben, den Verkauf der manipulierten Autos zu stoppen. Wie bislang Hatz hat auch Stadler die Vorwürfe stets bestritten.
Das Gericht pocht auf Geständnisse
Nach mehr als 160 Verhandlungstagen hatte der Vorsitzende Richter Stefan Weickert dem Trio kürzlich ein Angebot gemacht: Im Falle von Geständnissen kämen Bewährungsstrafen infrage.
Pamio hatte daraufhin bereits ein vollumfängliches Geständnis abgelegt und erklärt, gewusst zu haben, dass die Abschalteinrichtungen in den Dieselmotoren nicht gesetzeskonform waren.
Weickert konkretisierte nun, wie sich die Geständnisse auf das Strafmaß auswirken könnten: Er plane Freiheitsstrafen von anderthalb bis zu zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt werden könnten. Pamio soll zudem eine Geldauflage von 50.000 Euro zahlen, Hatz 400.000 Euro.
Während die Staatsanwaltschaft signalisierte, mit der Strafe für Pamio einverstanden zu sein, lehnt sie eine Bewährungsstrafe für Hatz ab. „Herr Hatz hat in sehr hoher Position einen erheblichen Beitrag geliefert. Ich bin der Meinung, dass keine Bewährungsstrafe ausreicht“, sagte der leitende Oberstaatsanwalt Nico Petzka in der Hauptverhandlung.
Stadler hat sich noch nicht entschieden
Mit Ex-Audi-Chef Rupert Stadler gab es bislang keine Verständigung. Noch wird um dessen sich abzeichnende Strafe gerungen. Stadler könnte bei einem Geständnis zu eineinhalb bis zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt werden. Doch damit tun sich seine Verteidiger offenbar noch schwer. Die Anwälte hätten Bedenken gegen den unteren Strafrahmen von anderthalb Jahren geäußert, sagte der Richter.
Die Staatsanwaltschaft wiederum hat noch Bedenken gegen den Zeitraum, in dem Stadler laut vorläufiger Einschätzung des Gerichts für die Auslieferung manipulierter Fahrzeuge verantwortlich gewesen sein soll. Nach vorläufiger Einschätzung der Wirtschaftsstrafkammer dürfte Stadler spätestens im Juli 2016 erkannt haben, dass die Abgaswerte von Dieselautos manipuliert gewesen sein könnten. Er hätte der Sache intensiver auf den Grund gehen und den Vertrieb informieren müssen. Stattdessen habe Stadler den Verkauf der Autos weiter geduldet und sich damit des Betrugs durch Unterlassen schuldig gemacht.
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In addition, there is still no agreement on how much money Stadler will pay. The public prosecutor’s office demands at least a seven-figure fine because of the high level of responsibility of the long-standing CEO. Judge Weickert said that if Stadler paid millions of dollars in probation, the prosecutors would have signaled that they would accept the proposed suspended sentence. From the point of view of the criminal prosecutor, a circulation in the millions would also be appropriate with regard to Stadler’s financial situation.
Judge Weickert was more specific about these during the hearing. He quoted from a message from Stadler’s defense attorney Thilo Pfordte to the court, according to which Stadler owns two houses and eleven condominiums in Ingolstadt and Munich and a bank balance of 1.3 million euros. On the other hand, there are also very high loan debts.
interest in an agreement
Despite all the differences, there should soon be an agreement in the Stadler case as well. Stadler’s defense attorneys emphasized that there was a fundamental interest in bringing the proceedings to a conclusion. Another legal talk between the court, the public prosecutor’s office and the defense is to take place shortly. Of the four originally accused, Stadler is the last who has not yet confessed. A few weeks ago, the court released Henning L. from the process. The proceedings against the engineer were dropped against payment of 25,000 euros.L. had supported the judiciary as a key witness at an early stage in clarifying the scandal and made a confession – so only the trio with Stadler remained in the dock. It will still be a few weeks before the verdict is passed. Those involved in the process assume that the time will come in June. The first diesel criminal case is coming to an end. However, the criminal investigation of the scandal is still far from complete, even almost eight years after it became known. The proceedings against four former Volkswagen managers are still ongoing in Braunschweig. And things will soon continue in Munich: the public prosecutor’s office has already filed charges against four other former Audi executives.
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