ZF hat sich mit Weltmarktführer STMicroelectronics (ST) einen zweiten Lieferanten für Siliziumkarbid-Chips gesichert. Der auf mehrere Jahre angelegte Vertrag sieht laut Firmenangaben vor, dass ST eine zweistellige Millionenzahl von Siliziumkarbid-Modulen liefert. Ab 2025 will ZF einen neuen Wechselrichter, einen wichtigen Bestandteil für Batteriespeicher, in Serie produzieren.Erstkunde soll 2025 ein europäischer Hersteller sein. Die sogenannten Inverter gelten als Gehirn des Elektroantriebs. Sie steuern den Energiefluss von der Batterie zum E-Motor und umgekehrt.„Unser Auftragsbuch in der Elektromobilität bis 2030 beläuft sich mittlerweile auf mehr als 30 Milliarden Euro“, sagt der für Elektromobilität und Materialwirtschaft zuständige ZF-Vorstand Stephan von Schuckmann. „Für dieses Volumen brauchen wir mehrere zuverlässige Lieferanten für Siliziumkarbid-Chips.“ Erst Anfang Februar war ZF eine enge Partnerschaft mit Wolfspeed eingegangen, die auch eine Minderheitsbeteiligung am Bau der neuen Chipfabrik im Saarland beinhaltet.
Das französisch-italienische Unternehmen STMicroelectronics ist der größte europäische Chiphersteller und zuletzt rasant gewachsen. Vergangenes Jahr ist der Umsatz um ein Viertel auf knapp 15 Milliarden Euro gestiegen. Der Gewinn hat sich mit rund 3,7 Milliarden Euro annähernd verdoppelt.
„Der Schlüssel zum Erfolg in der Elektromobilität ist eine größere Skalierbarkeit und Modularität mit höherer Effizienz und Leistung sowie besserer Erschwinglichkeit“, sagt Marco Monti, ST-Vorstandsmitglied und verantwortlich für die Automobilsparte.
Die Verbindung aus Silizium (Si) und Kohlenstoff (C) ist energieeffizient und braucht wenig Platz. Die Bauteile sind im Schnitt zehnmal kleiner als herkömmliche Siliziumchips und verlieren um bis zu 50 Prozent weniger Wärme. SiC erlaubt es den Fahrzeugproduzenten, entweder kleinere Batterien einzusetzen oder eine um gut 15 Prozent höhere Reichweite anzubieten. SiC-Chips sind aber auch deutlich teurer.
ZF setzt auf Chip-Spezialisten
ZF ist der zweitgrößte deutsche Automobilzulieferer. Das Stiftungsunternehmen vom Bodensee erhöht mit der zweiten SiC-Partnerschaft binnen kurzer Zeit den Druck auf Branchenprimus Bosch erheblich. Als einziger Autozulieferer fertigt Bosch Siliziumkarbid-Chips in kompletter Eigenregie, um den Prozess zu kontrollieren und am Ende die höhere Wertschöpfung im Haus zu haben. Dagegen setzt ZF auf die Erfahrung der Chip-Spezialisten.
Produktion bei ZF
Das Geschäft mit Komponenten für Elektroautos wächst.
ST ist der weltweit größte Anbieter von Siliziumkarbid-Chips. Die Branchenbeobachter von Yole beziffern den Marktanteil des französisch-italienischen Konzerns bei diesen Halbleitern auf 37 Prozent. Die Nummer zwei ist der deutsche Wettbewerber Infineon mit 19 Prozent. Der US-Konzern Wolfspeed hat einen Marktanteil von 16 Prozent.
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Beim Ausgangsmaterial, also den Scheiben aus Siliziumkarbid, auf denen die Chips entstehen, ist Wolfspeed mit einem Marktanteil von 53 Prozent führend. ZF-Partner Wolfspeed ist Yole zufolge der einzige Hersteller, der momentan SiC-Chips auf Scheiben mit 200 Millimeter Durchmesser produzieren kann. In zwei, drei Jahren werde STMicroelectronics allerdings gleichziehen.
„Siliziumkarbid ist sehr leicht und der härteste keramische Werkstoff mit einer sehr guten Wärmeleitfähigkeit sowie einer sehr guten Beständigkeit“, konstatiert der Elektronik-Branchenverband ZVEI. Darüber hinaus ermöglicht Siliziumkarbid eine kürzere Ladezeit.
Siliziumkarbid-Chips: Markt verdreifacht sich auf sechs Milliarden Dollar
Die Marktforscher von Yole rechnen damit, dass die fünf größten Anbieter von SiC-Chips ihre Kapazitäten bis 2027 verdreifachen. Parallel dazu werde der Markt auf sechs Milliarden Dollar wachsen, mehr als dreimal so viel wie 2022. Anfang des kommenden Jahrzehnts sollen es dann zehn Milliarden sein. Allein die neue Fabrik von Wolfspeed im Saarland wird zwischen 2,5 und drei Milliarden Euro kosten.
Yole geht ferner davon aus, dass die Autoindustrie dieses Jahr 70 bis 80 Prozent aller SiC-Chips weltweit kauft – daran werde sich in den nächsten zehn Jahren voraussichtlich nichts ändern. Die Chips werden auch in Stromtankstellen eingesetzt.
Die weltweit führenden Hersteller von SiC-Chips sind STMicroelectronics, Infineon, Wolfspeed, Onsemi und Rohm. Alle großen Autohersteller haben inzwischen Lieferverträge mit einem oder mehreren SiC-Produzenten abgeschlossen. So hat sich Mercedes den Nachschub von Wolfspeed gesichert und arbeitet parallel mit Onsemi. Der Opel-Mutterkonzern Stellantis kauft für seine 14 Marken bei Infineon ein. VW sowie Kia beziehen SiC-Chips von Onsemi. Und STMicroelectronics ist seit Jahren der auserwählte Kernlieferant des Elektroautopioniers Tesla.
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Disadvantage: Silicon carbide triples chip costs
However, SiC has one disadvantage: “With silicon carbide, the chip costs of the power semiconductors triple compared to classic silicon technology,” says Peter Fintl, semiconductor expert at the consulting firm Capgemini. “In the foreseeable future, semiconductors made from silicon carbide will always be more expensive than those made from silicon,” says Fintl. “The production is simply too complex for that.”
However, the chip companies will change their production in the coming years. So far they have been producing on discs with a diameter of 150 millimeters, in a few years 200 millimeters will be the standard. Fintl estimates that the costs per component should fall by around half. “This makes SiC technology affordable for more applications.” In the next few years, however, the use of SiC is likely to be largely limited to sedans and SUVs in the premium and luxury classes.
ST is currently heavily expanding its SiC capacities in Catania, Italy, and in Singapore. ZF will also be supplied from there. Munich-based rival Infineon started building a two-billion-euro SiC plant in Malaysia last year.
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