Mercedes-Chef Ola Källenius
Der Schwede musste das Zwischenziel, zur Hälfte elektrifizierte Fahrzeuge auszuliefern, um mindestens ein Jahr verschieben.
(Foto: dpa)
Der Umstieg auf Elektromobilität geht beim Stuttgarter Autobauer Mercedes-Benz langsamer voran als geplant. Der Konzern kassiert sein vor fast zwei Jahren ausgerufenes Zwischenziel, dass ab 2025 die Hälfte des Absatzes reine Elektroautos und Plug-in-Hybride sein sollten.
Zwar bleibt das Unternehmen bei der Formulierung, bis Mitte des Jahrzehnts zur Hälfte elektrische Fahrzeuge zu produzieren. Aber: „Stand heute bedeutet Mitte des Jahrzehnts: 2026“, sagt Mercedes-Chef Ola Källenius laut Redetext bei der Hauptversammlung des Konzerns am Mittwoch. Damit verschiebt der Schwede das Etappenziel bei seiner „Electric only“-Strategie um mindestens ein Jahr.
Das Gesamtziel, bis 2030 möglichst nur noch reine Elektroautos auszuliefern, lässt Källenius dagegen unverändert. Intern sind dennoch viele erleichtert, dass sich der Konzern bei der Verkündung seiner Pläne zur Antriebswende im Sommer 2021 stets eine Hintertür offengehalten hat. Die volle Stromdevise gilt demnach nur dort, wo es „die Marktbedingungen zulassen“.
Elektroautos: Mercedes verschiebt Zwischenziel und modernisiert den V8-Motor
Seit Wochen zeichnet sich ab, dass Mercedes länger am Verbrenner festhalten könnte als ursprünglich angenommen. Ein Indiz dafür war, dass der Konzern seinen V8-Motor M176 noch einmal modernisiert. In China und den USA ist zudem anders als in Europa aktuell kein Verkaufsverbot für Diesel und Benziner geplant.
Konkurrent BMW plant daher in diesen Regionen noch lange mit dem traditionellen Geschäft. Die Münchener wollen ihre Geländewagen der X-Reihe bis weit ins kommende Jahrzehnt auch mit Benzin- und Dieselmotor anbieten. Mercedes nähert sich nun der BMW-Linie ein Stück weit an. Mindestens verschaffe sich Konzernchef Källenius mit der Verschiebung des Zwischenziels beim Elektrohochlauf „etwas mehr Luft“, heißt es in Unternehmenskreisen.
Hintergrund der Ankündigung sind nicht zuletzt die schwachen Verkaufszahlen von Plug-in-Hybriden. Die Modelle, die einen Elektro- und einen Verbrennungsmotor unter der Haube haben, machten 2022 noch deutlich mehr als die Hälfte der Elektro-Neuwagenverkäufe von Mercedes aus.
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Im vergangenen Jahr stagnierte der Absatz der Plug-ins zum Vorjahr allerdings bereits bei 184.000 verkauften Fahrzeugen. Im ersten Quartal 2023 brachen die Verkäufe der Teilzeitstromer dann um 14 Prozent auf rund 40.000 Fahrzeuge ein. Das lag im Wesentlichen am kollabierten Heimatmarkt: Zum Jahreswechsel fielen die Fördergelder von bis zu 6750 Euro für Plug-in-Hybride in Deutschland weg, der Absatz brach hierzulande um 45 Prozent ein.
Mercedes verkaufte im ersten Quartal zwar mit rund 52.000 batterieelektrischen Fahrzeugen fast doppelt so viele reine E-Modelle wie im Vorjahresquartal. Damit stehen die Stromer aber nur für etwa ein Zehntel der gesamten Pkw-Auslieferungen. Betrachtet man statt des Großhandelsabsatzes an die Händler die Verkäufe an die Endkunden, ist der Elektroanteil sogar noch niedriger.
Insbesondere in China schwächeln die Stromerverkäufe. Im weltgrößten Automarkt konnte Mercedes im Vorjahr lediglich 14.000 Elektroautos neu registrieren lassen. Für seine Spitzenlimousinen EQS und EQE musste der Konzern im Vorjahr in Fernost sogar seine Preise um umgerechnet bis zu 32.000 Euro reduzieren, um Käufer zu finden.
Aktionäre kritisieren Preissenkungen für EQS und EQE
Investoren sind alarmiert: „Preisreduzierungen passen nicht ins Luxussegment und beschädigen die Marke“, kritisiert Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der Sparkassentochter Deka Investments. Speich hofft, dass Mercedes den Preisbogen nur bei diesem einen Modell überspannt habe. „Den Luxus, Preissenkungen vorzunehmen, darf sich Mercedes nicht noch einmal erlauben“, meint Speich.
Mercedes auf der Shanghai Auto Show
Mercedes EQS in Shanghai: Der deutsche Hersteller will sein wichtigstes E-Modell für China aufwerten.
(Foto: Bloomberg)
Mercedes will den EQS und den EQE im kommenden Jahr mit einer Qualitätsoffensive für den chinesischen Markt aufwerten. Statt der starren Rückbank können Käufer künftig auch komfortable Einzelsitze wie in der S-Klasse bekommen. Das Infotainmentsystem erhält ein Update, der Einbau einer Wärmepumpe soll für mehr Effizienz sorgen.
Mercedes setzt auf Elektro-SUV
Darüber hinaus erhofft sich Mercedes eine deutliche Absatzsteigerung durch die beiden SUV-Varianten seiner Topstromer. Insbesondere der in Europa seit wenigen Monaten erhältliche EQE SUV mit einer Reichwiete von 600 Kilometern habe das Zeug zu einem „Bestseller“, glauben Führungskräfte unisono.
Das erste Modell der Schwaben unter der Submarke „EQ“ – der Mittelklasse-SUV EQC – wird derweil im Laufe des Monats wieder eingestellt. Seit der Markteinführung im Jahr 2019 konnte Mercedes von der Baureihe laut dem Datendienstleister Marklines lediglich 64.000 Fahrzeuge verkaufen.
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Mercedes had hoped for such sales figures for the EQC every year, not over the entire life cycle, according to company circles. Mercedes itself, on the other hand, officially emphasizes that the make has been “well received” by many customers and will be phased out “as planned” in the second quarter of 2023.
Mercedes does not yet have a direct successor to the EQC. The C-Class and GLC will not become real electric vehicles until 2025 at the earliest, when the first vehicles based on the Group’s new electric platforms go into production.
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First publication: 05/03/2023, 09:19 am.