Das schwarz-weiß gemusterte Hauptgebäude der neuen Batteriezellproduktion der Automotive Cells Company (ACC) überragt das Industriegebiet von Douvrin. Zur Eröffnung der Gigafabrik am Dienstag hat sich reichlich Prominenz in der kleinen Stadt im nordfranzösischen Département Pas-de-Calais versammelt. Nicht nur die Chefs der drei beteiligten Konzerne aus der Auto- und Energiebranche sind gekommen, Ola Källenius von Mercedes, Carlos Tavares von Stellantis und Patrick Pouyanné von Total Energies.Die französische Regierung hat gleich mehrere hochrangige Vertreter geschickt, darunter Wirtschaftsminister Bruno Le Maire. Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und der italienische Industrieminister Adolfo Urso sind zu dem Termin am Dienstag erschienen. Denn in Douvrin geht es um mehr als nur die Einweihung einer neuen Produktionsstätte.
Die erste Gigafactory von ACC ist ein Symbol für Europas Bemühungen, die chinesische Übermacht bei der Herstellung von Elektroauto-Batterien zu brechen und bei einer Schlüsseltechnologie der Zukunft unabhängiger zu werden. Källenius nannte das Werk einen „entscheidenden Meilenstein in Europas Transformation“, um die hiesige Autoindustrie „widerstandsfähiger, wettbewerbsfähiger und nachhaltiger zu machen“.
Der Mercedes-Chef teilte sich die in einer kahlen Werkshalle aufgestellte Bühne mit den anderen CEOs. Noch werden hier keine Batterien zusammengebaut, die Produktion beginnt erst im Laufe des Jahres. Källenius sagte, die Kooperation zeige den Willen, die Autoindustrie auch im Elektrozeitalter in Europa zu halten und die wirtschaftliche Zukunft des Kontinents sicherzustellen.
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Die EU hat, mit kleinen Ausnahmen, den Abschied vom Verbrennungsmotor zum Jahr 2035 beschlossen. Mercedes will bis zum Ende dieses Jahrzehnts nur noch vollelektrische Fahrzeuge herstellen. Auch der Stellantis-Konzern, der aus der Fusion der Peugeot-Gruppe mit Fiat Chrysler hervorging, hat sich ambitionierte Ziele gesetzt. Die Tochterfirma Opel soll schon ab 2028 in Europa keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr anbieten.
Ola Källenius, Patrick Pouyanné, Carlos Tavares
Die CEOs von Mercedes-Benz, Total Energies und Stellantis wollen mit ACC gemeinsam den Rückstand zur chinesischen Konkurrenz aufholen.
(Foto: Reuters)
Doch schon jetzt zeichnet sich eine harte Konkurrenz durch Elektroautos von chinesischen Herstellern ab, die sich auf ihre Marktmacht bei der Batterieproduktion stützen. Sechs der zehn weltweit führenden Batteriehersteller kommen laut Zahlen der südkoreanischen Marktforschungsfirma SNE Research aus China. Die anderen vier Firmen in den Top Ten haben ihren Sitz in Südkorea und in Japan. Europa hat zwar große Pläne, spielt bei der Produktion des zentralen Bausteins der Elektrofahrzeuge aber noch kaum eine Rolle.
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Die europäischen Autokonzerne wollen aufholen. So plant Volkswagen Batteriezellfabriken mit einer Gesamtkapazität von 240 Gigawattstunden. Und für ACC ist der Standort Douvrin erst der Anfang: Ende 2025 soll eine weitere Gigafabrik in Kaiserslautern den Betrieb aufnehmen, eine dritte Fabrik ist im italienischen Termoli geplant. Insgesamt will das Joint Venture rund sieben Milliarden Euro investieren, davon kommen 1,3 Milliarden Euro staatliche Förderung aus Deutschland und Frankreich.
Die Gigafabrik in Douvrin wird mit einer jährlichen Produktionskapazität von 13,4 Gigawattstunden (GWh) starten, die bis Ende des Jahrzehnts auf 40 GWh steigen soll. Das entspräche Batterien für rund 800.000 E-Autos im Jahr.
ACC will „Batterie-Champion mit globalen Ambitionen“ sein
ACC entstand 2020 als Joint Venture von Stellantis und dem zu Total gehörenden Batteriehersteller Saft. Mercedes beteiligte sich ein Jahr später. Der selbst erklärte Anspruch des Gemeinschaftsunternehmens ist es, einen „europäischen Batterie-Champion mit globalen Ambitionen“ zu schaffen.
Volle Ladung
200
Gigawattstunden
Gesamtkapazität an Batterien bräuchte Mercedes, wenn der Konzern bis Ende des Jahrzehnts tatsächlich nur noch Elektro-Pkw verkauft.
Damit ist das Ziel verbunden, künftig nicht nur Bauteile für die E-Modelle von Stellantis und Mercedes zu liefern, sondern auch weitere Kunden zu gewinnen. Allerdings machen sich auch die chinesischen Branchenriesen wie CATL oder BYD große Hoffnungen, ihre Absätze auf dem wachsenden weltweiten Markt für E-Auto-Antriebe auszubauen. Europäische Autobauer dürften noch einige Zeit auf asiatische Batterielieferanten angewiesen sein.
ACC strebt bis 2030 eine Produktionskapazität von 120 GWh an, das sind etwa zwei Millionen E-Auto-Batterien jährlich. Wenn Mercedes den Anteil reiner Elektroautos an seinem Pkw-Absatz bis Ende des Jahrzehnts tatsächlich auf hundert Prozent erhöht, bräuchte der deutsche Konzern dafür allein Batterien mit einer Gesamtkapazität von ungefähr 200 Gigawattstunden. Die Stuttgarter kooperieren daher auch mit dem chinesischen Weltmarktführer CATL.
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The inauguration of the Gigafactory is particularly important for the French government: President Emmanuel Macron hopes to industrialize his country again with green technologies – and he wants to defend the European economy against competition from China and the USA. His economy minister, Le Maire, said in Douvrin: “Europe must flex its muscles.”
France: No more electric cars from China?
Paris wants to develop the region in north-eastern France into a stronghold of electromobility in the EU. Half an hour’s drive from the ACC Gigafactory is the center of the French car manufacturer Renault for electromobility, where a battery factory is also to be built. President Macron wants to reform the French purchase premium for electric cars in such a way that vehicles produced in China are effectively excluded from the subsidy.
Although Wissing gave his speech on Tuesday in French, he represented the government’s cautious line towards the protectionist tones of the French. Community projects like ACC are about reducing dependencies and ensuring that Europe will continue to be “at the forefront of technological progress” in the future.
Stellantis boss Tavares seems to be following the French course. Speaking to journalists after the opening ceremony, when asked whether European industry needed to be protected from electric cars from China, he replied: “It would be sensible to do so.”
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First publication: 05/30/2023, 4:26 p.m.