Für die meisten Firmen im Spediteurgewerbe sind vollelektrische Lastwagen in der Flotte aktuell kein Thema. Die verfügbaren Strom-Trucks sind schlichtweg zu teuer – besonders im Fernverkehr.53 batterieelektrische Sattelzugmaschinen wurden insgesamt von Januar bis April in Deutschland laut dem Kraftfahrt-Bundesamt neu zugelassen. Im selben Zeitraum wurden mehr als 14.900 Diesellaster neu für den Straßenverkehr freigegeben.Doch dieses Verhältnis könnte sich bald verändern, prognostizieren Experten von Daimler Truck. Der weltgrößte Hersteller von Nutzfahrzeugen über sechs Tonnen Gesamtgewicht kündigte am Dienstag an, den Elektro-Lkw eActros 600 am 10. Oktober der Öffentlichkeit im Detail vorzustellen. Schon jetzt verspricht der Konzern, dass der neue eActros aufgrund seines niedrigen Energieverbrauchs der „wirtschaftlichste“ Lkw des Konzerns für lange Routen sein werde.
Der Akku-Laster würde bis zu 500 Kilometer weit ohne Nachladen fahren und „kann die Mehrheit der Diesel-Lkw im wichtigen Fernverkehrssegment ablösen“, sagt Karin Radström. Sie ist Leiterin der Kernmarke Mercedes-Benz Trucks. „Ich bin davon überzeugt, dass dieser Lkw den neuen Standard im Straßengüterverkehr definieren wird.“
Radström beantwortet damit in ungewohnter Deutlichkeit so etwas wie die Gretchenfrage der Branche: Wann wird der Dieselmotor obsolet? Seit hundert Jahren ist der Selbstzünder das Maß aller Dinge bei schweren Lastwagen. Schon in zwei, drei Jahren könnten aber aus Sicht der ehemaligen Rudermeisterin aus Schweden elektrische Antriebe für einen Umbruch im lukrativen Geschäft mit Sattelschleppern sorgen.
Derzeit liegt der Marktanteil von batterieelektrischen Sattelschleppern in Deutschland bei weniger als 0,4 Prozent. Die Actros-Reihe ist der Bestseller von Daimler Truck in Europa. Viele in der Branche sind skeptisch, dass hier eine schnelle Elektrowende möglich sei.
Intern ist bei den Schwaben von einem Umbruch die Rede. Radström und ihr Team nähren ihre Zuversicht durch Absichtserklärungen ihrer Großkunden. Diese können den eActros 600 zwar noch nicht bestellen – gerade werden noch fünfzig Prototypen des Modells getestet. Aber 2024 soll der Elektro-Lkw die Serienreife erreichen und wenig später produziert werden.
DB Schenker, Dachser & Co.: Großkunden wollen Daimler Trucks Elektro-Lkw
DB Schenker hat deshalb angekündigt, hundert Fahrzeuge der Baureihe für seinen Fuhrpark zu kaufen. Der Logistikdienstleister Dachser, der Fleischverarbeiter Tönnies und die Transportfirma Hegelmann Group wollen jeweils 50 weitere eActros für ihre Fernverkehrsflotten bestellen.
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Der Anschaffungspreis des eActros 600 wird zwar deutlich über der Dieselvariante liegen, heißt es intern. Betrachte man jedoch die Gesamtbetriebskosten der Fahrzeuge über mehrere Jahre – also Ausgaben für Sprit und Strom, Wartung, Reparaturen, Versicherungen, Mautgebühren sowie die Wiederverkaufswerte – sei künftig die Elektroversion des Actros im Vorteil.
Elektro-Lkw: Große Ziele, ernüchternde Realität
Gerade kleine und mittelständische Kunden muss Radström aber noch von dem Produkt überzeugen. Mit dem eActros 300 und 400 hat Daimler Truck seit 2019 batterieelektrische Versionen seines Lkw auf dem Markt. Doch der Absatz ist gering und die Fahrzeuge rentieren sich für die Kunden von Daimler Truck meist nur mithilfe hoher Fördergelder.
Darüber hinaus fehlten in Europa Ladestationen für Lkw, vor allem solche mit bis zu tausend Kilowatt Ladeleistung, kritisiert der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). „Mega-Charger für das Schnelladen unterwegs gibt es bislang nur auf dem Papier“, sagt die Interessenvertretung mittelständischer Spediteure.
Karin Radström
„Ich bin davon überzeugt, dass dieser Lkw den neuen Standard im Straßengüterverkehr definieren wird“, sagt die Chefin der Kernmarke Mercedes-Benz Trucks.
Tatsächlich muss das Stromnetz weltweit für den Einsatz von Zehntausenden elektrischen Sattelschleppern ertüchtigt werden. Das zeigt eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey. Diese rechnet damit, dass in Europa, den USA und in China rund 450 Milliarden Dollar in den kommenden Jahren in das Ladenetz für Elektrolaster investiert werden müssten. Bleiben diese Investitionen aus, dürfte sich der Hochlauf der E-Trucks verzögern.
Zugleich stehen Lkw-Hersteller und Logistiker unter Druck, ihre Flotten zu elektrifizieren. Der Schwerlastverkehr ist für den Ausstoß großer Mengen von klimaschädlichem Kohlendioxid verantwortlich. Die EU-Kommission will die Flottenverbrauchsvorgaben für schwere Nutzfahrzeuge verschärfen, um den CO2-Ausstoß des Segments bis 2040 um 90 Prozent zu verringern.
So wichtig ist der Elektro-Lkw eActros 600 für Daimler Truck
Wie schwer es ist, dieses Ziel zu erreichen, zeigen die Absatzzahlen der Konzerne Volvo Group, Traton (MAN, Scania) und Daimler Truck. In Relation zum Gesamtabsatz der Konzerne von teils mehr als 500.000 Fahrzeugen liegen die Elektroanteile alle bei unter einem Prozent. Die Volvo Group hat im vergangenen Jahr lediglich 2200 vollelektrische Lkw, Busse und Maschinen verkauft. Bei der Volkswagentochter Traton waren es 1200 E-Fahrzeuge und bei Daimler Truck 914 Stromer.
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Daimler Truck in particular has more ambitious goals. By the end of the decade, the Swabians are trying to achieve 60 percent of their sales in Europe, Japan and the USA with vehicles that are either battery-electric or powered by a hydrogen-based fuel cell.
The eActros 600, whose type designation indicates the battery capacity in kilowatt hours, is extremely important for the group because it is intended to replace the diesel truck as the most important product. For the battery cells, Daimler Truck relies on lithium iron phosphate technology (LFP) from the Chinese market leader CATL.
The battery of the model can be charged from 20 to 80 percent within half an hour and withstand a mileage of 1.2 million kilometers in ten years. However, the fleet preparers usually only keep the long-distance trucks for about five years before they buy new ones.
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First publication: 06/13/2023, 09:00 a.m.