Der BMW-Konzern will seine Fertigungsstrukturen radikal umbauen. Blaupause für den Neustart wird das neue Werk in Ungarn sein, das ab 2025 die Produktion aufnehmen soll. Den Grundstein für den neuen Standort in Osteuropa legte Produktionschef Milan Nedjelkovic am Mittwoch in Debrecen im Osten Ungarns, eine Autostunde von der ukrainischen Grenze entfernt.„Wir haben die Möglichkeit eine komplett neue Fertigungsstruktur zu schaffen“, sagte BMW-Produktionsvorstand Nedjelkovic. Verglichen mit den heutigen Werken solle die Effizienz um 25 Prozent gesteigert werden. Die neue Produktionsstruktur soll anschließend im Stammwerk in München übernommen werden und dann auf alle BMW-Fabriken weltweit ausgerollt werden. Im neuen Werk will BMW die Zahl der Arbeits- und Produktionsschritte reduzieren, sich stärker auf Elektroautos konzentrieren und einen vernetzten Datenaustausch von den Zulieferern bis zur Endmontage ermöglichen.
Mehr als eine Milliarde Euro investiert der deutsche Autohersteller in Ungarn und folgt damit den direkten Konkurrenten Audi und Mercedes, die mit ihren Werken in Györ und Kecskemét bereits seit Jahren in Ungarn vertreten sind. Der Bau der Fabrik war in den vergangenen Jahren immer wieder verschoben worden – auch weil BMW seine Elektrostrategie immer wieder überarbeiten musste.
Seit dem vergangenen Frühjahr herrscht aber Klarheit: Ab 2025 sollen alle neuen Modelle auf einer noch zu entwickelnden neuen technischen Architektur entstehen, der „Neuen Klasse“.
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Anders als die heutigen BMW-Elektroautos, die vornehmlich für Hybrid- und Verbrennungsmotoren aufgestellt sind, soll die Neue Klasse „kompromisslos auf Elektromobilität ausgerichtet sein“, verspricht Konzernchef Oliver Zipse. Als besonderen Clou planen die Münchener das gesamte Werk mit regenerativen Energien zu betreiben, vornehmlich mit Solartechnik.
Heutige Produktionskonzepte sind nicht mehr wettbewerbsfähig
Zipse ist nicht der einzige deutsche Automanager, der die Produktionsstruktur seines Konzerns auf den Kopf stellt. Im März hatte VW beschlossen, neben dem Stammwerk in Wolfsburg eine komplett neue Fabrik für das Projekt „Trinity“ bauen zu wollen. Besonders Konzernchef Herbert Diess hatte angesichts der neuen Konkurrenz durch Tesla zu einer effizienteren Produktion gedrängt.
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Auch „Trinity“ soll mit allen bisherigen Modellen im VW-Konzern brechen und voll auf Elektromobilität und Digitalisierung ausgerichtet sein. Doch allein mit neuen Autos ist es nicht getan. „Die heutigen Produktionskonzepte sind für die rein elektrischen Automodelle ab 2025 nicht mehr wettbewerbsfähig“, sagt Heiko Weber, Produktionsexperte bei der Münchener Strategieberatung Berylls.
Volkswagen hat es sich daher zum Ziel gesetzt, die Produktionszeit eines Autos von heute 18 auf zehn Stunden zu reduzieren. In den bisherigen Werken, in denen noch bis mindestens Ende des Jahrzehnts Autos mit Verbrennungsmotoren gebaut werden, ist das nicht zu machen.
Die deutschen Autobauer stehen vor einer großen Herausforderung. Noch in den Nullerjahren waren sie weltweit der Maßstab für Effizienz und Flexibilität in der Produktion, heute setzt Tesla den Maßstab.
Das geht schon bei der Planung los: Gut zwei Jahre ist es her, dass Tesla den Bau eines Werkes in Grünheide bei Berlin angekündigt hat – mittlerweile laufen die ersten Autos vom Band. Ein Projekt mit erheblichen Risiken, weil bis zuletzt wichtige Genehmigungen fehlten. Ein rechtlich und wirtschaftlich undenkbares Vorgehen für deutsche Vorstände, betonen Branchenvertreter.
Tesla hat Produkt und Produktion zusammen geplant
Die Kompromisslosigkeit setzt sich beim Produkt fort. Anders als BMW und Volkswagen sind die Tesla-Modelle rein auf Elektroantriebe ausgerichtet und die Fabriken produzieren auch nur Stromautos. „Tesla hat seine Autos so konstruiert, dass sie leicht zu bauen sind. Deshalb ist auch die Produktion von Tesla ein Gradmesser für die deutschen Hersteller“, sagt Weber. „Tesla ist softwaregetrieben, hat seine Fertigung digitalisiert und ist auch deshalb so effizient. Bei den deutschen Herstellern ist hier noch Potenzial nach oben.“
Die Aufholjagd hat begonnen. Die künftigen Modelle der „Neuen Klasse“ und „Trinity“ sind eng mit der Ausrichtung der neuen Fabriken verwoben. Da es nur noch Elektroantriebe gibt, entfallen viele Arbeitsschritte. Aber das reicht nicht: So wie Tesla müssen die neuen Autos aus weniger Einzelteilen und mehr Modulen bestehen, die fertig angeliefert werden.
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While Volkswagen and BMW will soon have a dozen model series with countless equipment variants, Tesla covers its product range with four models: the Model S, the Model X, the Model 3 and the Model Y. The complexity is no longer in the hardware, but in the software of the cars. One thing is certain: Volkswagen and BMW are also thinking hard about how they can streamline their complex product worlds with the transition to the new electric architectures.
BMW still lives well from the combustion engine
Until then, the complexity of the established car manufacturers will only increase. BMW is phasing out the production of the small electric car i3 in the summer, also because the complex carbon fiber construction never paid off.
With the recently introduced i4, however, BMW is taking its drive and model diversity to the extreme. The electric car produced at the Munich plant rolls off the same assembly line as the conventional 3 Series sedan, which is available as a diesel, petrol and hybrid. The 7-series is now also being produced at the Dingolfing plant according to a similar principle.
Laying of the foundation stone in Debrecen
BMW Plant Manager Hans-Peter Kemser, BMW Production Director Milan Nedeljković, Hungarian Trade Minister Péter Szijjártó and László Papp, Mayor of Debrecen (from left to right).
(Photo: BMW)
The plant in Regensburg is currently preparing for the production of electric off-road vehicles. The BMW X1 and X2 are currently rolling off the assembly line here. The costs of the technology-open strategy are already visible: Analysts complain that the integration of the electric models into ongoing production will result in additional costs of a hundred euros per car.
But the strategy is still paying off for BMW, because the demand for conventional cars is higher than it has been for a long time. Nine out of ten BMW cars still have a combustion or hybrid engine, and last year’s record profit of over 12 billion euros was generated primarily with petrol and diesel cars.
But the clock is ticking: by 2030, half of BMW’s sales of a good three million cars should be purely electric, also in order to be able to meet the EU’s climate requirements. Not only the new model factory in Debrecen can supply these quantities. By then at the latest, the German locations must also have adopted the new production structure of the “New Class”.
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